Es sollte eine lockere Runde durchs Zürcher Unterland werden, früh am Sonntagmorgen, wenn nicht viel los ist. Das Wetter am Startort in Zürich: ein dunkelblauer Frühmorgenhimmel wölbt sich über den Wohnbunkern in Zürich-Nord, glasklare Verhältnisse und tempofördernde Kühle sorgen für viel Motivation. Die Richtung ist vorgegeben: das Neeracher Ried – bei dem Wetter ein Traum. Doch es sollte nicht sein (das Wetter). Ab Rümlang verdüsterte sich der Himmel, ab Oberglatt war alles dicht. Nebel, so weit das Auge reicht – und es reichte gerade mal 20 Meter. Aber ganz ehrlich, irgendwie sah's auch schaurig schön aus. Und für entspanntes Rollen reicht es gut, zumal ich hier so gut wie jede Ecke kenne.
Überraschung im Nebel
Die Tour wird am Ende rund 30 Kilometer lang sein und führt auf einer grossen Runde an der oben angesprochenen Sumpflandschaft vorbei zurück ins um 8 Uhr bereits 20° C. warme Zürich zurück. Doch in eben diesem Moment rolle ich vom Nebel durchweicht und etwas gar ausgekühlt auf einer Nebenstrasse Richtung Nöschikon. Hinter dem Feldhof taucht aus heiterem Himmel respektive aus dem nebligen Nichts ein Hund neben mir auf und bellt mich an. Ich erschrecke heftig. Der Hund läuft einen Moment lang neben mir her und bellt weiter, und ich beschliesse, so zu tun, als wäre da nichts. Und tatsächlich: plötzlich ist er weg, zumindest ein paar Sekunden lang. Dann bellt es schon wieder, der Hund hat noch nicht genug von seinen Drohgebärden und verfolgt mich hartnäckig.
Fight or Flight
Meine Flucht vor ihm scheint ihn anzustacheln. Meine Stöcke reizen ihn ungemein. Vielleicht aber erkennt er auch, dass das kein Holz ist, sondern irgendwas Undefinierbares, in das er nicht reinbeissen sollte.
Das alles führt bei mir zu einem Umdenken. Ich bremse langsam und kehre die Verhältnisse um. Will heissen: ich setze mich mit dem Gedanken auseinander, meinerseits ihn zu verfolgen. Und als würde der Hund die Gedanken erkennen, kehrt auch er und beginnt zurück zu rennen. Das nun stachelt mich an, ich erhöhe das Tempo und belle auch. Jetzt hat er so richtig Schiss, sein Schwanz klemmt tief zwischen seinen Beinen, so tief, dass sein Rennen eher einem gehetzten Humpeln gleicht. Mir egal, ich belle munter weiter, mache nun richtig Tempo, mein Jagdinstinkt ist geweckt.
I'm bad, I'm bad
Der Zauber dauert rund eine Minute, dann bin ich's leid und ich wechsle wieder die Richtung, diesmal ungehindert. Der Nebel hält mich nicht auf, ein Hund soll's auch nicht, es rollt sich durchaus entspannt jetzt, das ausgeschüttete Adrenalin hält für einige Zeit. Mein Selbstwert ist massiv gestiegen (auch wenn's nur ein Appenzeller Bläss war).
Regel: es fühlt sich gut an, ein böser Hund zu sein.
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