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Den muss ich einfach bringen: der Flachländer, der sich in den Bergen auf einer flachen Route vertut. 20 Kilometer durch die Weiten des Obergoms zwischen Oberwald und Geschinen. Vorbei an alten Flugzeugbunkern bei Ulrichen, entlang der Rotten, wie die Rhône hier noch heisst, bis nach Oberwald, ein kurzes Stück durchs Nadelgehölz, und auf einer zehn Meter breiten Piste nach Geschinen. Ein Paradies für Hochgeschwindigkeitsroller. Wunderbar auch fürs Doppelstocktraining, nur 160 Höhenmeter stemmen sich gegen einen. Wer wirklich nicht anders kann, als richtige Berge hochzudrücken, biegt in Ulrichen in die Nufenenstrasse ab und meistert ganz andere Höhenkurven.


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Flachland : Ulrichen Richtung Geschinen, dahinter geht's ins Walliser Unterland, ganz hinten das Weisshorn.

Das Wetter ist spannend an diesem Montag, da unsicher. Mitten im Hochsommer zeigt das Thermometer gerade mal 10° Celsius. Richtung Brig ist der Himmel schwarz (später erfahre ich, dass es dort geregnet hat), hier oben wechseln sich Wolkenschatten und Sonne gleichmässig ab.


Topographische Unmöglichkeiten vs ausserirdische Wahrnehmungen

Mein Start befindet sich in Ulrichen, unweit der Nufenenstrasse. Ich fahre erst nach Geschinen runter – was de facto so nicht stimmt, der Startort befindet sich auf 1344 m, der tiefste Punkt beim Bahnhof Geschinen liegt auf 1340 Meter (der Ort selbst 13 Meter höher). Dieser Effekt, den ich nicht erklären kann (man fährt runter, obwohl man nicht runter fährt) widerfährt mir in Richtung Oberwald später noch viel deutlicher. Ich habe das eindeutige Gefühl, runter zu fahren, wundere mich deshalb auch, wieso sich das so anstrengend anfühlt – und merke dann (immerhin von selbst), dass das topographisch unmöglich ist: wenn ich runter fahre, müsste die Rotten bergauf fliessen. Tut sie natürlich nicht, alles im Lot, ich fahre hoch nach Oberwald (1366 m. ü. M).

Der höchste Punkt befindet sich gleichwohl im Hinterland von Ulrichen, einem sanft gewellten Radweg, der auf immerhin 1400 Meter führt. Das ist dann das höchste der Gefühle. Wobei sich diese angesichts der landschaftlichen Schönheit ohnehin dauernd einstellen. Die gesamte Strecke ist beinahe komplett verkehrsfrei und der Asphalt von grossartiger Qualität.

Der einzige Schönheitsfehler: die Strecke ist nicht sehr variabel und auch nicht ausbaufähig, lies: beliebig verlängerbar – zumindest nicht, ohne sich zu wiederholen. Aber das ist auch das einzige. Denn wie gesagt, es bietet sich ja noch der Nufenenpass an.


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Wer eine Tour sucht, bei der man vor lauter Fotopausen kaum mehr am Ziel ankommt, ist hier richtig. Wer eine Trainingseinheit plant, die alles an Terrain und Topographie hat, was es für einen Wettkampf braucht, ist hier richtig. Wer eine Strecke wünscht, die knapp 30 Kilometer lang ist und (je nach GPS-System) 900 oder 1100 Höhenmeter bietet, ist hier richtig. Wer nicht nur rollen will, sondern auch laufen, ist hier richtig. Wer einen veritablen Pass fahren möchte, der dazu im Flachland beginnt, ist hier richtig.

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Die Wägitaler Alpen: Schiberg, Zindlenspitze, Lachenstock, Mutteristock. Manchmal ist auch Kitsch schön.

Eigentlich ist damit alles gesagt. Die Strecke führt vom Bahnhof Siebnen zum Kloster Einsiedeln. Der Weg führt dabei über die Sattelegg (1200 m.ü.M.), runter nach Willerzell, ans Ende des Sihlsees bei Euthal und schliesslich nach Einsiedeln.


Steil – flach – steil

Die ersten 4 Kilometer steigen steil an bis zur Staldenhöhe, dann folgen weitere 4 Kilometer Berg- und Talbahn. Mehrheitlich flach, ab und zu leicht hoch, oft runter. Die Abfahrten sind gerade jetzt im Herbst mitunter tricky. Es hat Kiesabschnitte und auch sonst einiges an Steinen, viel Blattsalat, teils ist es feucht, da ein grosser Teil dieses Streckenabschnitts im Wald liegt. Es ist kurvig und damit unübersichtlich, und auch wenn’s nicht viel Verkehr hat, kommen doch ab und zu Fahrzeuge jedweder Art.

Ab Bödeli geht’s dann in den Pass rein und nochmals sechs Kilometer obsi. Ein Pass, der sich bestens als Rhythmusbrecher und damit für ein schnelles Training eignet: mehr oder weniger flache Abschnitte wechseln mit ziemlich steilen (bis zu 16%). Gleichwohl – und das liegt vermutlich auch am absolut perfekten Passfahrwetter – eine grossartige und abwechslungsreiche Tour. Bis zur Passhöhe, die ich mir mental weiter weg denke, um dann positiv überrascht zu werden, begleitet eine irrsinnige Aussicht auf die Wägitaler Alpen sowie den kleinen und grossen Aubrig die Fahrt. Und Kühe und Schafe und Esel und Geissen und ....


Und jetzt in die Verlängerung

Auf dem Pass könnte man sich ein Entrecôte gönnen, der Uphill ist hier zu Ende. Aber ich mag nicht so recht an die Folgen einer solchen Völlerei denken, da ich zu diesem Zeitpunkt entschieden habe, die Tour es bitzeli zu verlängern. Ich laufe nämlich ennet dem Pass wieder runter, bis fast nach Willerzell, und rolle dann via Euthal nach Einsiedeln. Laufen empfiehlt sich tatsächlich, der Pass hat auch auf dieser Seite einige sehr steile Partien (bis zu 13% gibt das GPS an). Aber er ist kurz, die Lauferei dauert knapp 35 Minuten. Ab Steinboden kann man die Schuhe wieder tauschen und es bis nach Willerzell in sehr angenehmem Tempo rollen lassen. Dann folgt der Abschnitt bis zum Steinbachviadukt, dort ans andere Ufer und ab nach Einsiedeln.

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Blick vom Steinbachviadukt ins Ybrig – dort hinten ist übrigens ein richtig gutes Langlaufgebiet.

Ach, und wenn ich gewusst hätte, dass jetzt der härteste Abschnitt folgt, vielleicht hätte ich abgekürzt. Es bläst auf den ganzen sechs Kilometern ein fieser und ziemlich starker Gegenwind, der den Puls höher jagt als die Steigungsprozente am Pass. Und kalt ist’s plötzlich – fehlt nur noch der Schnee.

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Aktualisiert: 6. Dez. 2019

Eine Einsteiger-Tour in längere Distanzen. Start- und Zielort: Bahnhof Schübelbach-Buttikon. Es sind immerhin 27 Kilometer, mit gerade mal 80 Höhenmeter. Abfahrten: keine – es sei denn, man zählt die Abfahrten von den wenigen zu überquerenden Brücken dazu. Schwierigkeitsgrad: Technik/Koordination: leicht; Kondition: mittel. Für Skating und Klassisch (eine prima Strecke fürs Doppelstock-Training).


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Es surrt dauernd - man kommt sich vor wie auf dem E-Bike. Ist dann immerhin auch fast so schnell.

Von Kanal zu Kanal und daran entlang

Vom Bahnhof Buttikon aus läuft man über die Brücke auf die andere Seite der Geleise und an deren Fuss geradeaus bis zur nächsten Brücke über die Autobahn. Unten scharf rechts, kurz der Autobahn entlang und dann auf wunderbaren Nebenstrassen nach Tuggen. Von dort aus Richtung Schmerikon, teils am Wildbachkanal entlang, teils am Fridgrabenkanal. Grundsätzlich sind alle Wege gut beschildert mit Velo- und teils Skate-Wegschildern. Das Wetter ist (zumindest heute) herrlich herbstlich, glasklare Luft, stahlblauer Himmel, es entsteht die wunderbare Leichtigkeit widerstandlosen Gleitens. Beim Restaurant Grynau geht’s über die Linth und dann scharf rechts auf den Linth-Nebengraben 2 – naja, auf den Weg dazu. Was nun folgt, ist mentales Training erster Güte. Ganze vier Kilometer geradeaus ohne den Hauch einer Richtungsänderung. Erst beim Landgasthof Sternen bei Benken könnte man pausieren oder abkürzen. Wir gleiten weiter, keine Macht den freien Naschgelüsten.


Erste Halluzinationen?

Auf einer Nebenstrasse fahren wir nach Schänis, von dort rüber nach Bilten. In Bilten nimmt der Strassenverkehr zu, auch auf den Nebenstrassen. Ein Schleichweg? Keine Ahnung, aber jetzt fällt uns auf: die fahren unglaublich schnell, es wird gehupt wie wild, ich versteh’s nicht. Und alle fahren in die gleiche Richtung. Hoppla, wir sind auf der Autobahn. In der Not entschliessen wir uns, von der Normalspur auf den Pannenstreifen zu wechseln, dort hat's genug Platz. Alles Quatsch.


Schon wieder Hallus?

Am Kreisel wird der Radweg angezeigt. Nach 200 Metern passiert’s: aus einem wolkenfreien Himmel fallen Regentropfen – und zwar viele. Weil das so was von nicht zusammenpasst, vermuten wir – nach meiner ersten Phantasie – nun eine Psychose, ausgelöst durch das unglaubliche Licht. Wir verlangsamen und merken: wir sind nicht die einzigen, die ungläubig zum Himmel blicken. Eine Bewohnerin mit ihrer Tochter schaut auch hoch. Wir kommen ins Gespräch, weil ich immer noch glaube, nur ich hätte Halluzinationen. Aber es ist so: alle haben sie. Auch weitere Spaziergänger können’s nicht fassen. Ob das öppeneinisch vorkomme, fragen wir, und man versichert uns glaubhaft, das sei auch für sie das erste Mal. Der Zauber hält satte fünf Minuten.


Zurück in der Normalität

Der Rest der Tour fällt ohne Absonderlichkeiten aus – irgendwann ist’s auch genug -, aber nicht weniger schön. Bestens ausgeschildert rollt es locker flach zurück zum Bahnhof. Und es bleibt dabei: das Wetter ist schön.


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