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Finster war’s der Mond schien helle

Schneebedeckt die grüne Flur

Als ein Wagen blitzesschnelle

Langsam um die Ecke fuhr.


Das Gedicht geht in ähnlichem Stil weiter und es fiel mir heute – am 22. November – in aller Herrgottsfrühe ein, als ich in der winterlich kalten Dunkelheit kurz nach sechs Uhr durch die spärlich beleuchteten Quartierstrassen rollte, am Rucksack ein rotes Rücklicht, dazu auf dem Helm eine nach vorne sehr hell und hinten gleichfalls rot leuchtende Lampe. Bis hier war’s nicht stockdunkel, aber der Mond schien auch noch nicht so richtig hell.

Nur damit man eine Ahnung bekommt, wie dunkel dunkel sein kann.

Zumal bis Kilometer 4. Dann war die Helmlampe respektive der Akku am Ende.

Einen kurzen Moment lamentierte ich über meine Blödheit, die Lampe vorher nicht aufgeladen zu haben, einen kurzen Moment lang überlegte ich, umzukehren, noch wäre der Weg kurz gewesen. Aber.


Aufgeben gilt nicht.


Meine nächste Idee: irgendwann würde es hell werden. Wie wahr. Ende November ist das ungefähr um 07.30 Uhr der Fall – je nach Wetter früher oder später. Objektiv gesehen ist das natürlich Blödsinn, aber Regenwolken halten den Morgen länger dunkel, wohingegen ein wolkenfreier Himmel eher früher Licht nach sich zieht. Bis zum Stadtrand würden Strassenlaternen den Weg hinreichend ausleuchten, danach sehen wir weiter. Es kam, wie es kommen musste. Es wurde doch noch stockdunkel.


Das ist im ersten Moment eine Art Grenzerfahrung. Man sieht nichts, ist aber auf Rollen unterwegs, die Kieselsteine ab einer gewissen Grösse nicht mehr tolerieren, auf einem Radweg voller Tolendeckel, Wurzelsprengungen und von Hunden acht- und rücksichtslos fallengelassenen Ästen. Frei nach dem Motto: Stürzen leicht gemacht. Später, als es hell war, hab’ ich’s dann doch noch fast geschafft, zu stürzen, meine ich. Will heissen: Helligkeit schützt vor Torheit nicht.


Es ist aber auch erstaunlich, wie schnell man sich an die Dunkelheit gewöhnt, wie schnell man einigermassen genug sieht. Und trotzdem war ich froh um jeden Zug, dessen hell erleuchtete Fenster ganz kurz den Weg wiesen. In Schlieren wurde es etwas besser, entlang des Radweges nach Dietikon standen wieder Strassenlaternen. Dann kam die Sahnetorte der Tour, der Limmatweg ab Dietikon: extrem schlechter grober Uralt-Asphalt mit extra grossen Schlaglöchern. Damit es dann doch nicht zu einfach wurde, legte sich zudem ein dichter Nebelschleier auf die Promenade. Da lernt man blitzschnell, wie langsam es sich – auch – rollen lässt. Üblicherweise nennt sich das Regenerationstraining – trifft hier allerdings nicht zu, da die Anspannung viel zu gross ist.


Und dann wird es hell und der Zauber ist verflogen.

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